»Der Titel ›Ein Geld muss her!‹ wäre im Advent 2011 auch ein passender Untertitel für Artikel auf den Wirtschaftsseiten der Tageszeitungen, die sich mit dem aktuellen Befinden von Staaten und Banken befassen. Mit der Uraufführung des Stücks von Walther Vögele hat sich Edith Koerber viel vorgenommen. Zunächst mal: es gibt keinen Plot. Die Schauspieler haben Rollen, in denen sie das Publikum über die in unserer Gesellschaft im Clinch liegenden gesellschaftspolitischen Ideen aufklären …
Mit der Tendenz, Arbeitsplätze wegzurationalisieren, wird Arbeit zu einem immer knapperen Gut. Folglich wird auch Arbeit immer schlechter bezahlt – und das Geld für ein menschenwürdiges Leben ist oft nicht mehr zu verdienen. Vögele setzt sich deshalb im Stück mit der Idee vom ›Bedingungslosen Grundeinkommen‹ (BGE) auseinander. Theaterleute, Schriftsteller, Künstler sind sicher die besten Fürsprecher für eine Kehre in diese Richtung, weil sie nicht nur arbeiten können, sondern auch wollen. Die Gegner von BGE weisen auf das gesellschaftspolitische Ziel ›Vollbeschäftigung‹ hin, das nur zu erreichen sei, wenn der Staat nicht mehr als den ›notwendigen Lebensunterhalt‹ garantiere und in jedem Einzelfall die Bedürftigkeit prüfe. Die Position der BGE-Befürworter dagegen: es sei falsch, nur Lohnarbeit als Arbeit zu werten; ein deutlich über Hartz IV liegendes Grundeinkommen fördere dagegen den Willen, sinnvolle Arbeit zu leisten.
Die Inszenierung der tri-bühne im Stil der Commedia dell’Arte greift Schlagwörter der konkurrierenden Ideen von der ›Transferleistung‹ bis zur ›Wertschöpfungskette‹ auf. Selbst Mustermann entdeckt im BGE eine Chance, seinen Reichtum zu mehren. Margarethe kuscht vor Mustermann wie gewohnt; erst bei ihrer zweiten Pleite wechselt sie die Seiten. Der ideologisch wendige Dottore, unbehelligt von Geldsorgen, begleitet die Wirklichkeiten der anderen mit lateinischen Floskeln. Franz sieht im Grundeinkommen die einzige Chance, ohne Prügel sein Leben zwischen Hängematte und Gitarrespielen fortzusetzen.
Ums Haar hätte auch Mustermann die Kurve gekriegt. Doch er erwacht aus seinem Traum, bilanziert, was ihm das Ganze bringt, und will zurück. ›Pathologisch‹ schreit der Dottore, und alle greifen sich eine Klatsche und fallen übereinander her.
Das Stück hat Schwächen: Es ist zu holzschnittartig und wirkt dabei oft langatmig und lehrhaft. Für ein Gegengewicht sorgt das Schauspieler-Quintett zusammen mit Sebastian Hubers musikalischem Arrangement.«