Kämpferische Träume
Mit einem Vorspiel von Géza Révay: »Letzte Ausfahrt Otjivero«
Zum Stück:
Ein Fest der Poesie, der Sprachen, der Farben, der Musik und des Tanzes. Ein Aufruf zum Widerstand, zum Nachdenken und zur Versöhnung.
All das beinhaltet das Stück »Kämpferische Träume«, das die mosambikanische Schriftstellerin Paulina Chiziane für das Stuttgarter Europa Theater Treffen geschrieben hat.
Denn in Namibia hat die Apartheid zwar offiziell ihr Ende gefunden, aber in den Köpfen ist sie noch da, Ängste und Erfahrungen sind nicht so leicht zu löschen. Zumal die »Apartheid des Geldes« die Gesellschaften mehr und mehr spaltet. Nicht nur in Afrika.
All diese Realitäten hat Paulina Chiziane auf ein Liebespaar konzentriert: Tom, Schwarzer und Arbeiter eines deutschstämmigen Großgrundbesitzers, und Marie, Weiße und Tochter eben jenes Großgrundbesitzers, lieben sich zutiefst. Aber Maries Eltern sind gegen die Verbindung.
Das Liebespaar flieht zu Toms Eltern nach Otjivero, einem kleinen Dorf, eingezwängt zwischen die gigantischen Farmen von Großgrundbesitzern. Hier erleben sie, nach einer entbehrungsreichen Zeit, mit der Einführung des »Bedingungslosen Grundeinkommens«, die Realisierung einer Utopie …
Die afrikanischen Sprachen, die in der Inszenierung vorkommen, sind die Muttersprachen der Darsteller und Musiker: »Ronga« (Lucrécia Paco, Mosambik), »Gere« (Yahi Nestor Gahe, Elfenbeinküste) und »Lingála« (Steve Bimamisa, Kongo). Die Autorin hat das Stück in portugiesischer Sprache geschrieben, der Amtssprache ihres Heimatlandes Mosambik.
Das Dorf Otjivero…
… existiert tatsächlich, es ist knapp 100km von Windhuk entfernt. Seit über zwei Jahren läuft hier ein Modellprojekt, gibt es für die 1000 Einwohner ein zwar bescheidenes, aber »bedingungsloses« Grundeinkommen.
Eine ein Jahr nach Beginn von der Friedrich-Ebert-Stiftung mitfinanzierte Studie über das Projekt, dessen Anschub und Auswertung von »Brot für die Welt« in erheblichem Maß gefördert wurde, kommt zu beeindruckenden Ergebnissen, unter anderem:
Es gibt keinen einzigen Fall von Unterernährung – zuvor mussten monatlich drei bis vier Kinder ins Hospital eingeliefert werden. Generell sind die Voraussetzungen für Gesundheit enorm verbessert, auch für AIDS-Behandlungen, denn seit die Menschen besser ernährt sind, vertragen sie auch die stärkeren Medikamente.
90 Prozent der Kinder gehen in die Schule, und 90 Prozent der Eltern, die das Grundeinkommen erhalten, bezahlen das Schulgeld.
Lagen vor Projektbeginn 76 Prozent aller Haushalte unter der Armutsgrenze, sind es jetzt noch 36 Prozent.
Obgleich das Projekt offiziell Ende 2009 auslief, ist die Finanzierung bis auf Weiteres über Spenden gesichert.
Uraufführung am 19. November 2010 im Rahmen des SETT 2010 (10. Stuttgarter Europa Theater Treffen).