»Die Inszenierung von tri-bühne-Hausherrin Koerber greift … die Idee des absurden Lustspiels von Büchner kongenial auf. Denn ›Leonce und Lena‹ ist alles andere als eine gewöhnliche Komödie. Vielmehr überzeichnet der Revolutionär und politische Exilant Büchner darin die gängigen Lustspiel-Muster und schreibt eher eine Groteske.
Ausgangspunkt der ironischen Verwicklungen ist die Langeweile des Prinzen Leonce. Der kauert vor Beginn der eigentlichen Handlung am Bühnenrand und starrt die hereinströmenden Zuschauer an. Doch auch dabei findet er keine Abwechslung, also muss schnell eine Hängematte her, in der er geräuschhaftes Dauer-Ausatmen übt und sein Lebensmotto auf den Punkt bringt: ›entsetzlicher Müßiggang‹.
Also starrt er die Zuschauer durch ein Opernglas an, zerstreut sich mit Tiergeräuschen und melancholischen Liedern und beschließt dann mit seinem handfesten Diener Valerio, dass es Zeit für eine Lebensänderung ist. Dieser Valerio ist ein hemdsärmeliger Schelm im Flickenkostüm (Kostüme: Renáta Balogh), und Cornelius Nieden bringt dessen Wortspiele und Bodenständigkeit, gepaart mit einer ordentlichen Portion Schalk, grandios auf die Bühne.
Also lassen die beiden das langweilige Heimatland hinter sich, in dem ein steif-blasierter König (Folkert Milster) und seine würdevoll-lächerlichen Hofschranzen (Rainer Suter, Sebastian Huber, Florian Dehmel) in Posen erstarrt sind, und so hilft nur noch die Flucht nach Italien, was mit dem schrammelnden Schlager ›Azzurro‹ begleitet wird (Musik: Sebastian Huber). Dort findet dieser Leonce sein Pendant in Lena, die sich mit dem weißen Brautkleid und dem Kranz im Haar keineswegs anfreunden kann. So bleibt der Prinzessin, die jemanden heiraten soll, den sie gar nicht kennt, nur die Flucht mit ihrer Gouvernante (Stefani Matkovic).
Für die erste Begegnung der beiden Verlobten, die sich nicht kennen, hat Edith Koerber eine hübsche Traumsequenz mit wechselseitigen Avancen und einem augenöffnenden Kuss inszeniert, was bei Leonce einen Krampfanfall und Selbstmordgedanken auslöst …
Überhaupt bietet Michalski in der Titelrolle ein bestechendes Porträt dieses ebenso sympathischen wie gelangweilten Prinzen. Das Mienenspiel Michalskis macht in jeder Szene die emotionale Verfassung der Figur deutlich. Besonders gelungen sind die ›Marionetten‹-Szenen, wenn am Ende er und seine Braut maskiert hereinstaksen, angekündigt von fröhlicher Drehorgelmusik und der sonoren Jahrmarktstimme Valerios.
Hier findet die groteske Komödie von Georg Büchner ebenso ihren Höhepunkt wie die prägnante und gelungene Inszenierung von Edith Koerber. Michalski und die jugendlich-romantische Cathrin Zellmer als Lena imitieren die puppenhaften Bewegungen beeindruckend und entlarven in dieser parodistischen Szene erst die weltfremde und auch menschenverachtende Attitüde des Königs – und dann sich: Da kann sich der königliche Vater nur noch den cäsarartigen goldenen Lorbeerkranz vom Kopf nehmen und abdanken.«