Spiel im Schloss

von Franz Molnár |
Regie: Edith Koerber

Was sich da abspielt im Schloss, das begreift nur einer der Protagonisten – und wir, das Publikum. Uns nämlich macht der durchtriebene Franz Molnár in seiner Komödie »Spiel im Schloss« zu insgeheimen Mitwissern jenes Mannes, der virtuos drei Akte lang aninszeniert gegen eine schier unabwendbare Katastrophe.

Dieser Mann, Turai, hat schon viel gespielte Bühnenstücke geschrieben, gemeinsam mit seinem Freund Gál, einem katastrophilen Schwarzseher. Dritter in diesem Männerbund ist der zartsinnige Jungkomponist Adam, den die beiden Älteren protegieren. Freilich nicht ganz selbstlos. Haben sie ihm doch den Text für seine erste Operette geschrieben, von der sie sich frische, unroutinierte Schwungkraft und materiellen Erfolg versprechen.

Hoffnungsfroh sehen die Drei der Uraufführung entgegen, aber auch der Hochzeit Adams mit der schönen Sängerin Annie, der die Hauptrolle auf den Leib geschrieben ist. Hier im Schloss sind nur noch letzte Feinheiten zu besprechen mit der gleichfalls eingeladenen Diva und Braut. Zwei Überraschungen sollen die Dame beglücken. Erstens: Der Bräutigam kommt früher als erwartet. Zweitens: Ihm ist eine Zimmersuite heimlich reserviert, Wand an Wand mit der Angebeteten. Mit einer Zwischentür. Just hier, beiderseits dieser durchdringlichen Wand, lauert besagte Katastrophe, denn die Überraschungen misslingen gründlich.

Premiere am 24. Oktober 2007.
Die Aufführungsrechte liegen beim Felix Bloch Erben Verlag, Berlin.
Die Musik ist aus der Operette »Der letzte Walzer« von Oscar Straus.

Kritiken

Esslinger Zeitung | 2.11.2007

Feuerwerk

»Herausgekommen ist beinahe eine Boulevardkomödie. Aber eben nur beinahe. Neben boulevardeskem Witz bringt der kräftig gekürzte Molnár hübsche Tiefgründelei und einen avantgardistischen Hauch mit – Pirandello, Tom Stoppard oder Christopher Durang lassen grüßen…

Wie die Schauspieler in Stephen Cranes faschistoider Schlossarchitektur dieses famose Katastrophenvernichtungstheater auf dem Theater anzetteln, ist eine Freude: Cornelius Nieden fasziniert als abgeklärter und trotzdem verschmitzter Strippenzieher Turai, Bernhard Linke überzeugt als desillusionierter Bedenkenträger und Marcus Michalski ist eine rührend bis lächerlich naive Künstlernatur, während Julianna Herzberg und Folkert Milster zwei überzeugend exaltierte und dümmlich-berechnende Possenreißer geben…

Der Text bietet ein Feuerwerk von Running Gags und Aphorismen – und die Regie noch eine Inszenierungsidee, die Molnár in die Nähe von George Orwell rückt. Ob er da hingehört oder nicht – der Witz, mit dem Molnár hier auf sein Image als hochproduktiver Boulevardtheaterschreiber antwortet, ist grandios: Man kann aus vermeintlicher Routine und scheinbarer Einfallslosigkeit Komödien gebären – wenn man sie mit ein bisschen Spucke versetzt vom Leben abschreibt.«

Wiebke Ackermann
Stuttgarter Nachrichten | 26.10.2007

Brillant

»›Spiel im Schloss‹ heißt das Stück des ungarischen Dramatikers Franz Molnár. Volker Klotz, emeritierter Literaturprofessor der Universität Stuttgart mit dem Riecher für vergessene Komödienjuwele, empfahl der tri-bühne den brillanten Schwank über die Wechselwirkung von Theater und Leben… Molnárs Wortwitz funkelt, weil bei diesem Theater im Theater das Timing zwischen Atemholen und komischem Ausbruch stimmt.«

Horst Lohr
Stuttgarter Zeitung | 26.10.2007

Fast visionärer Gesellschaftspiegel

»Auf den zweiten und dritten Blick ist dieses ›Spiel im Schloss‹ weit mehr als nur eine Boulevardkomödie. Das beweisen am Theater tri-bühne der Literaturwissenschaftler Volker Klotz, der das Stück ausgegraben hat, und die Regie führende Intendantin Edith Koerber. Es ist – gehörig gestrafft – ein leichtfüßiges und trotzdem tiefgründiges Stück Theater im Theater, die brillante Selbstrechtfertigung eines zeitweise als ›Bühnenroutinier‹ verschrienen Dramatikers, bei der man einem gewitzten Zinker auf die Finger schauen darf. Und es ist ein zuweilen fast visionärer Gesellschaftsspiegel mit Tendenz zur avantgardistischen Verzerrung…

Wie das Ensemble Molnárs Hochgeschwindigkeits-Worttischtennis spielt, mit Aphorismen und deren Verballhornungen um sich wirft à la ›Man darf nicht das Beste wollen, das Gute reicht auch‹, ist großartig. Genauso wie die Spielfreude, mit der Running Gags gepflanzt werden…

Hier regiert die Doppelbödigkeit, das wird perfekt illustriert…«

Inge Bäuerle