Tarelkin - der Vampir
Eine schärfere und zugleich vergnüglichere Satire gegen die Korruption im Staatsdienst ist für die Bühne bis heute nicht geschrieben worden. Der russische Autor Suchowo-Kobylin, der im 19. Jahrhundert lebte, hat die Verhältnisse seines Landes und seiner Zeit aufs Korn genommen, aber nicht erst seit den undurchsichtigen Steueraffären prominenter Zeitgenossen sind uns die mal raffinierten, mal dummdreisten Machenschaften zum Zwecke der illegalen Geldvermehrung wohlbekannt, so sie ans Tageslicht kommen.
Der kleine Beamte Tarelkin macht es bestimmten Tierarten nach, die mit dem sogenannten Scheintodreflex ausweglosen Situation zu entkommen versuchen: Er stellt sich mausetot.
Hoffnungslos verschuldet, aber im Besitz wichtiger Dokumente, nutzt er den Tod eines begüterten Mannes aus, indem er sich selbst »sterben« läßt und die Identität des tatsächlich Verstorbenen annimmt.
Um seinen eigenen Tod glaubhafter zu gestalten und ihn in den Geruch der Ewigkeit zu tauchen, legt er einige tote Fische in seinen Sarg.
Kompliziert? Für die Polizei nicht. Sie glaubt den toten Fischen, Tarelkin scheint davongekommen zu sein. Leider ist aber die Obrigkeit, insbesondere Tarelkins Vorgesetzter, sehr beunruhigt wegen besagter Dokumente. Sie würden nämlich die korrupten Verhältnisse höheren Orts entlarven. Eine gnadenlose Jagd beginnt nach einem sehr lebendigen Leichnam – mit Hilfe von Polizisten, die selber nicht wissen dürfen, nach wem und was sie eigentlich suchen… Der einzige, der in diesem Stück wirklich im Bilde ist, das ist der Zuschauer. Und auch er weiß nicht, ob er lachen oder weinen soll.
Premiere am Dienstag, dem 22. Oktober 1996.